“Ein bisschen gute Laune“ – Hakuna Matata

Der helle Klang seiner tiefen Stimme dringt bis zur Berliner Straße vor, man hört ihn und seine Gitarre von weitem: Elijohn singt, in der Fußgängerzone Gorkistraße, Elijohn Kariuki, 59 Jahre alt, aus Kenia. Und schon von weitem kramen Leute in ihren Portemonnaies, um Kleingeld griffbereit zu haben, wenn sie an der Quelle des Gesangs vorbeikommen. Wem das Herz aufgeht, der öffnet auch den Geldbeutel.

Manchmal sind es ältere Leute, die nicht unbedingt ein fröhliches Gesicht zur Schau tragen, die sich aber plötzlich bücken und ihren Obolus entrichten. Oder junge Frauen, denen der Gesang ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Oder kleinere Kinder, denen die Eltern eine Münze in die Hand gedrückt haben. Etwas schüchtern legen diese Kinder das Geldstück in die grüne Plüschschale auf den Rücken des Spendenhundes, der wie für Karneval ausstaffiert erscheint: mit rosa Bekleidung.

Wenn das Geld im Kasten klingt, … nein hier geht es nicht um Ablass, aber ein wenig springt die Seele doch in den Himmel, wenn Elijohn singt – ob nun gespendet wird oder nicht. Für jede Spende bedankt er sich, er unterbricht den Text seines Liedes und singt zur Melodie auf der Gitarre „Danke für kleine Spende“.

Elijohn spricht kein perfektes Deutsch, er bemüht sich um Verständigung, mit wenigen Worten oder auch ohne Worte. Trotzdem unterhält er sich gern. Und von allen Menschen, die ich mit ihm fotografierte, erhielt ich die Erlaubnis, das Foto von ihnen mit Elijohn zu veröffentlichen.

Wenn Babys vorbeigefahren werden oder kleine Kinder vorbeigehen, sucht er Blickkontakt mit ihnen. Und sie spüren es: Das ist ein Mensch, dem die Freude in den Augen leuchtet. Ja, Elijohn muss ein begnadeter Mensch sein. Aus seiner Religiosität macht er kein Hehl. Er singt Gospels wie “When the Saints go marching in” oder “He got the whole world in his hands”. Dann wird sein Gesichtsausdruck auch schon einmal ernst.

Aber er missioniert nicht, er verbreitet Lebensfreude. „Ein bisschen gute Laune“, ruft er uns zu und „Hakuna Matata“. Das ist Suaheli und bedeutet so viel wie „Alles in Ordnung“ oder „Kein Problem“. Und dann singt er eben, neben anderen, auch dieses afrikanische Lied „Hakuna Matata“, bei uns durch den Disney-Film „König der Löwen“ bekanntgeworden.

In der Weihnachtszeit verkleidete Elijohn sich als Weihnachtsmann, kaum erkannte man ihn an seinem Äußeren, aber natürlich: Seine Stimme ist unverkennbar. Nein, nicht als Missionar ist er unterwegs; oder doch – als Missionar der guten Laune. Gern singt er auch Country-Songs, wohl am liebsten „Country roads, take me home“.

Lachen musste ich, als ich ihn eines Tages „Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht“ singen hörte – auf Deutsch! Wer es ihm wohl verraten hat, dass er damit mein Herz höher schlagen lässt? Da bleibe ich wieder stehen und singe lauthals mit. Er nimmt es mir nicht übel, die Spenden landen trotzdem auf seinem Hund, nicht in meiner Tasche.

Natürlich gehen manche Menschen, in Gedanken an ihren Einkauf oder in ein Gespräch vertieft, achtlos vorbei und merken nicht, was ihnen entgeht.

Dabei ist es so leicht, bei Elijohn ein bisschen Frohsinn aufzutanken, der einen in den Tag hineinträgt.

Meinhard Schröder